Immer wenn einzelne Personen oder kleinere Gesellschaftsgruppen geschädigt werden, sind wir mit der vorwurfsvollen Einschätzung „Plage“ sehr schnell zur Hand. So z.B. wenn Wildschweine Wiesen umdrehen; Maulwürfe für Häufen im Rasen sorgen; Rehe „Terminaltriebe“ von zukünftigen Weihnachtsbäumen anknabbern; Steinmarder Autokabel mit Kaugummi verwechseln. Wenn jedoch die Allgemeinheit geschädigt wird, nehmen wir dies anscheinend hin wie schlechtes Wetter.
So haben sich die Elstern in den letzten Jahren derart gravierend vermehrt, dass sie mangels Verfolgung (Bejagung) in den Ortschaften immer dreister und unverfrorener werden. Kaum eine Ortschaft, kaum ein Ortsteil, kaum eine Allee, in denen in den hohen und zur Herbst- und Winterzeit noch kahlen Bäumen nicht ihre markanten, großen und immer „überdachten“ Kugelnester zu entdecken sind.
Man könnte – oberflächlich betrachtet - ihr dreistes Verhalten noch dulden, zumal ihr durchaus attraktives Aussehen das räuberische Unwesen bei vielen Menschen zu überlagern scheint. Wie alle Rabenvögel, sind auch die Elstern äußerst intelligent, anpassungs- und lernfähig. Schon seit langem ist bekannt und bewiesen, dass sie zu den effektivsten Nesträubern zählen und somit auch dafür verantwortlich sind, dass in unseren Ortschaften, Gärten und Hecken immer weniger Singvögel nisten, immer weniger Singvögel ihre Jungen großziehen können. Dabei gehen Elstern beim Nesträubern äußerst schlau, ja geradezu raffiniert vor. Wenn sie nicht schon die Eier der Singvögel in den Nestern entdecken und diese dann „klauen“, so scheinen sie sich geradezu auf fleischliche Nahrung in Form von Jungvögeln spezialisiert zu haben. So warten sie zum Beispiel bei den Höhlenbrütern wie Meisen oder Stare, an deren Brut sie nicht ohne weiteres herankommen, exakt den Zeitpunkt ab, da die Jungen kurz vor dem Ausfliegen sind, sie also schon so groß sind, um aus dem Guck- oder Einflugloch herausschauen zu können. Dann fliegt die Elster vorzugsweise in den frühen Morgenstunden ans Nest, imitiert den Lockruf des Elternvogels, schaut dann ein Junges heraus, wird es flugs mit dem großen, kräftigen Rabenvogelschnabel am Kopf gepackt, herausgezogen und unter lautem Geschrei der verfolgenden Elterntiere davongetragen und verspeist. Diesen Sommer konnte ich eine Elster beobachten, die einen Starenkasten mit Jungvögeln anflog und im Bruchteil einer Sekunde – also kaum oder gar nicht gelandet – einen Jungstar im Schnabel hatte. Blitzartig ging das!
Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit als Natur- und Tierfotograf und der daraus resultierenden ständigen Beobachtung insbesondere der befiederten Tierwelt meine ich erkannt zu haben, dass Elstern noch schlauer sind als bisher angenommen. Denn bereits im zeitigen Frühjahr, wenn Meise, Kleiber oder Star entweder noch balzen, einen Partner und damit auch ein Brutrevier suchen, oder schon vorhandene Nester in Form von künstlichen Nistkästen inspizieren, beobachten und erkunden die schlauen Elstern diese Brutreviere und Brutvorbereitungen, „speichern“ die Örtlichkeiten (und möglicherweise den Zeitpunkt?) ab, um sie zu gegebener Zeit für einen späteren Raubzug schnell und überfallartig wieder aufsuchen können.
Elstern dürfen in NRW vom 1. 8. bis 28. 2. bejagt werden. Somit böte sich zur Reduzierung dieser Nesträuber - ähnlich den sogenannten „Wittgensteiner Fuchsjagdwochen“ - auch alljährlich eine konzertierte Aktion der heimischen Jägerschaft an mit dem Ziel, gegen ein Überhandnehmen der Elstern vorzugehen. Dies käme allen Singvögeln zugute und wäre eine geeignete Maßnahme, sich nicht resignierend mit einem „stummen Frühling“ abzufinden.
Text und Fotos: Wolfram Martin
Schmetterlinge, insbesondere die Tagfalter, gehören zu meinen Lieblingstieren. Schon aufgrund der Tatsache, dass sie durch ihre Farben- und Formenpracht tierfotografisch so viel hergeben.
Der Insektenschwund ist ja inzwischen allseits bekannt und auch für Laien bemerkbar. Aber dass es jetzt auch unsere heimischen Schmetterlinge, allen voran den Kleinen Fuchs betrifft, ist schon verwunderlich.
Der Kleine Fuchs – lat. Aglais urticae genannt – zählt in allen Fach- und Bestimmungsbüchern „…zu den häufigen Tagfaltern und man trifft ihn in Mitteleuropa noch überall an“. „…neben dem Tagpfauenauge der häufigste Edelfalter.“
In Wittgenstein ist er so häufig und allgegenwärtig, dass es mir schwerfiel, über ihn zu schreiben – einfach nur zu simpel, ja geradezu trivial. Und nun das: Das Tagfalter-Monitoring des Helmholz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig-Halle (UFZ) hat ergeben und Frau Elisabeth Kühn bestätigt:
„Das Jahr 2024 war das schlechteste Jahr für Tagfalter“.
„Kaum noch Sichtungen des Kleinen Fuchses“: Kühn und ihre Forschungskollegen schlagen Alarm. „Die Zahl der Schmetterlinge ist deutlich zurückgegangen. Besonders schlecht steht es dabei um die Falter, die es kühler mögen. Besonders große Sorgen macht uns der Kleine Fuchs", so die Forscher. „Er sei im Verschwinden begriffen und komme eigentlich nur noch in höher gelegenen Regionen vor. In niederen Lagen, wie zum Beispiel der Mark Brandenburg oder der Niederrheinischen Tiefebene, gab es kaum noch Sichtungen", so Kühn.
Und nicht nur der Kleine Fuchs, auch das Tagpfauenauge wird immer seltener. Warum ist das so? Auch Laura Breitkreuz, Insektenexpertin des Nabu in Berlin, mahnt: „Die Lage unserer Schmetterlinge ist akut." Gründe für den Schwund seien Pestizide, der Flächenschwund durch Bebauung, die Lichtverschmutzung und die monotonen Flächen der Agrarlandschaft, die keine Nahrung bieten.“
Und bei uns in Wittgenstein? Buntes Faltergeflatter zur Sommerzeit an allen Wegen, Böschungen, Waldrändern, „wilden“ Wiesen und Gärten - - das war einmal. Wo sind sie denn? Unsere bunten Böschungen? Wittgensteins einst berühmten Waldrand-Biotope? Unsere „wilden Gärten“? Gibt es in Wittgenstein eine einzige „Benjes-Hecke“? Nein! Es wird gemäht, gesägt, gemulcht, gehäckselt, schwermaschinell verdichtet, gerodet und zubetoniert. Und wo es früher noch bunte Gartengrasflächen gab, fahren heute tag-täglich Mähroboter und köpfen jede noch so kleine Blüte und Pflanze. Wo soll es da noch Nahrung für die Tagfalter geben? Aufgerufen und gefordert sind alle Garten- und Grünflächenbesitzer, die ihre Gärten noch etwas verwildern lassen, also mal eine Brennnessel oder Distel, den Löwenzahn, die Margeriten, den Rot- oder Gemeinen Hornklee, sowie den Kleinen oder Großen Sauerampfer oder gar die Weidenröschen, also all jene Pflanzen und Sträucher stehen lassen, die den Schmetterlingen und deren Raupen als Futterpflanzen dienen und das Überleben sichern. Denn – dies wird ja bei aller buntflatterhaftigen Euphorie häufig übersehen (oder verdrängt?):
Ohne Raupen keine Schmetterlinge!
Zurück zum Kleinen Fuchs. Er bringt es bei uns in der Regel auf zwei, in anderen Regionen oder in manchen Jahren auf drei Generationen und überwintert gerne als Falter in Baumhöhlen, in offenen Schuppen und Scheunen, in Gartenhäusern und sogar auf Dachböden. Bei günstiger Witterung fliegen manchmal schon ab Ende März die ersten Exemplare der Wintergeneration umher. Die Eier werden erst im Mai an den Blättern der Großen Brennessel abgelegt aus denen dann gelb-schwarze Raupen schlüpfen. Die Falter der ersten Generation fliegen von Juni bis Juli, die der zweiten Generation im August und überwintern dann auch generell. Bei günstiger Witterung sind auch noch im September bis Anfang Oktober Falter zu beobachten, die dann ebenfalls überwintern.
Der Kleine Fuchs kann bei uns in Wittgenstein als eine Art Kulturfolger angesehen werden, denn er sucht vorzugsweise („wilde“) Gärten, Parkanlagen, Wiesenränder, Felder, Straßen- und Wegeböschungen und Waldränder auf.
Wenn wir es also ernst meinen mit dem Insekten- und Schmetterlingsschutz in Wittgenstein, dann kann jeder ohne großen Aufwand und ohne finanzielle Mittel etwas für die schönen, bunten Flattermänner und –frauen tun. Gehen wir’s an und freuen uns drauf…
Text und Fotos: Wolfram Martin
Noch vor wenigen Jahren mußten Wittgensteiner Naturfreunde und Tierfotografen weit fahren, um diesen exotisch anmutenden Reiher zu beobachten und zu fotografieren. Bis nach Österreich ins Burgenland zum Neusiedler See oder nach Ungarn. In vielen, auch aktuellen Bestimmungsbüchern taucht er nicht einmal auf und es ist anzunehmen, dass er in Wittgenstein noch nie vorkam. Doch nun hat dieser reinweiße und mit 90 Zentimeter Länge etwa graureihergroße Vogel in den letzten Jahren Deutschland von Südosten aus erobert und ist jetzt in Wittgenstein angekommen. Ornithologen hatten es schon seit geraumer Zeit vorausgesagt, dass der in letzten Jahren in Hessen und Nordhessen relativ häufig zu beobachtende Silberreiher bald schon auch im Rothaargebirge zu sehen sein wird. Seit ein paar Jahren halten sich regelmäßig mehrere Exemplare im südlichen Teil Wittgensteins an der Eder, aber inzwischen auch im oberen Edertal auf, insbesondere zwischen Aue und Berghausen. Wobei sie nicht nur an der Eder zu beobachten sind, sondern häufig auch auf den Wiesen, wo sie – genau wie die Graureiher – Jagd auf Mäuse machen.
Seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts tauchten dieses exotisch anmutenden Vögel, deren Brutgebiete zunächst auf den Neusiedler See (Österreich) beschränkt blieben, erst an den bayerischen Seen und schließlich auch in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf, wo sie neben dem Graureiher jetzt schon fast Allerweltsvögel sind. Dann war es von Hessen aus nur ein kurzer Flug entlang der Eder ins Wittgensteiner Bergland.
Silberreiher ähneln in Lebensweise, Verhalten und Beutespektrum den Graureihern, brüten aber nicht in derart großen Kolonien wie der heimische Graureiher und auch nicht auf Bäumen, sondern in dichten Schilfbeständen. Aufgrund seines reinweißen Gefieders, des gelben Schnabels, den dunkel gefärbten Beinen sowie seiner Größe ist er mit keinem anderen Vogel zu verwechseln. An seiner „unschuldigen“ Weißfärbung scheiden sich die Geister. Sehen die einen in ihm einen harmlosen Schönling mit durchaus ästhetischem Äußeren und grazil anmutenden Flug; so sehen die anderen in ihm einen weiteren Fischräuber, der dem Graureiher in nichts nachsteht. So ist sein ursprünglicher Rückgang im vorigen Jahrhundert in Südosteuropa im Wesentlichen auf Verfolgung und Jagd in Gebieten mit intensiver Fischereiwirtschaft zurückzuführen. Seine Rückkehr, bzw. sein gegenwärtiger Eroberungszug nach Nord- und Nordwesteuropa hat mit Sicherheit nichts mit dem Klimawandel, sondern eher mit Schutzbestimmungen und Lebensraum-verbesserungen entlang der Flüsse, Bäche und Binnenseen zu tun.
Sein Auftauchen im Wittgensteiner Bergland kann als Bereicherung angesehen werden. Wobei wir bei aller „Artenvielfalt-Euphorie“ nicht vergessen dürfen, dass es um andere Arten wie Lerche, Wiesenpieper, Braunkehlchen und, ja auch den Igel dramatisch schlecht bestellt ist. Doch freuen wir uns zunächst an diesem schönen Einwanderer und heißen ihn herzlich willkommen, auch wenn es anscheinend bei uns noch keinen gesicherten Brutnachweis gibt.
Text und Fotos: Wolfram Martin
Bereits im Jahr 1789 wurde die Barren-Ringelnatter (lat. Natrix helvetica) von dem französischen Zoologen Bernard Germain Lacépède beschrieben und sie galt seitdem als eine Unterart unserer Ringelnatter (lat. Natrix natrix). Diverse Quellen weisen darauf hin, dass die Barrenringelnatter hauptsächlich westlich und südlich des Rheins lebt. In Deutschland wurde sie auch im äußersten Süden Bayerns nachgewiesen, zudem gibt es Vorkommen in Tirol und in den Südalpen. Erst 2017 bestätigten mehrere Forscher die Barren—Ringelnatter als eigene Art.
Und nun kommt sie auch in Wittgenstein vor, wie mehrere Beobachtungen und Fotobelege beweisen. Und sie soll – so Michael Düben vom Nabu Siegen-Wittgenstein – gar nicht mal so selten sein.
Charakteristisch und namengebend sind die schwarzen „Barren“ verteilt über fast den gesamten Körper. Diese Natter kann bis zu 2 Meter lang werden (das Männchen bis 1,50m) und ist ungiftig. Sie ernährt sich hauptsächlich von Amphibien und kommt demzufolge überwiegend in Feuchtgebieten und in Fluss-, Bach- oder Weihernähe vor und sie gelten als gute Schwimmer. Gerne halten sich diese Tiere aber auch an Hauswänden und sogar auf Fensterbänken auf, weil sie dort durch die Sonneneinstrahlung Wärme vorfinden. Im Winter suchen Schutz und Wärme in Höhlen und Mauselöchern. Die Eier werden nicht selten in Komposthaufen gelegt.
Bei Begegnungen mit der Barren-Ringelnatter warnen Experten davor, sie anzufassen, denn entweder erstarren sie dann mit weit aufgerissenem Rachen, oder sie versprühen zur Abwehr eine Flüssigkeit aus den Stinkdrüsen, was zwar nicht giftig aber höchst unangenehm ist.
Quellen:
1. Siegener Zeitung vom 19.10. 2017
2. Siegener Zeitung – Bad Berleburg – vom 16. 07. 2024 (in Zusammenarbeit mit Michael Düben vom Kreisverband Siegen-Wittgenstein im Naturschutzbund Deutschland –Nabu)
3. Internet – Wikipedia
Text: Wolfram Martin
Foto. Resi Haake aus Bad Berleburg.
Die Waschbären haben wir den Hessen zu verdanken - und die wiederum den Nordamerikanern. Ob dieser zur Familie der Kleinbären zählende Einwanderer 1934 am Edersee gezielt (sowie in der Schorfheide 1935) ausgesetzt worden ist, „um die heimische Fauna zu bereichern“, oder ob ein paar Exemplare aus einem Gehege in die heimischen Wälder entkommen sind, ist letztlich nebensächlich, Tatsache immerhin, dass es die Waschbären bei uns inzwischen „zu über einer Millionen Exemplaren“ geben soll.
Nach derzeitigen Erkenntnissen war es der Leiter des Forstamtes Vöhl am Edersee, Wilhelm Freiherr Sittich von Berlepsch, der am 12. April 1934 zwei Waschbärpärchen in die Freiheit entließ. Heute zählt Kassel zu der „Waschbär-Hauptstadt Europas“.
Procyon loter, wie dieser Kleinbär auf lateinisch heißt, ist überwiegend nachtaktiv, lebt heimlich und zurückgezogen, wird deshalb kaum wahrgenommen und seine Untaten meistens unterschätzt. Häufig findet man nur seine „Spuren“ in Form von geleerten Mülltonnen, zerrissenen Plastikbeuteln, aufgehebelten Hühnerstalltüren und –fenstern. Die Geschicklichkeit und „Fingerfertigkeit“ des Waschbären ist inzwischen sprichwörtlich! Uns berichtete eine Frau, die über Jahre Waschbären als Haustier gehalten hat, dass diese Tiere sogar den Kühlschrank öffnen und den Herd anschalten können. Um den Bestand nur annähernd in Grenzen zu halten, ist die Jagd auf den Waschbär quasi uneingeschränkt erlaubt, was natürlich die Jagd auf führende Elterntiere ausschließt. Bundesweit wurden im Jagdjahr 2012/13 104 371 und im Jagdjahr 2022/23 202 519 Tiere geschossen oder gefangen; in NRW rund 11075 und im Jagdjahr 2022/23 24582 (Quelle: DJV-Handbuch). Und in Wittgenstein jährlich etwa 100 mit steigender Tendenz. Leider haben sowohl der Kreis Siegen-Wittgenstein (Untere Jagdbehörde) als auch der Hegering Bad Berleburg auf meine Anfrage nach der aktuellen Jahresstrecke nicht geantwortet.
Diese hohen Abschußzahlen spiegeln sich auch in steigenden Sichtungen, Beobachtungen und Begegnungen hier in Wittgenstein wieder: Mal schaut einer durch die Terrassentür ins Wohnzimmer; dann schlendert einer über die Terrasse, ein anderer verzehrt Igelfutter, wieder ein anderer plündert sogar tagsüber das Vogelhäuschen (siehe Foto von Resi Haake), und schließlich – ganz aktuell – spaziert einer mit vier Jungbären am hellichten Tag unweit des Berleburger Schlosses über den Hinterhof. In (fast) allen Fachbüchern wird die Lebensweise des Waschbären als „nachtaktiv“ und „heimlich“ beschrieben. Hält man dem die häufigen Tagessichtungen und –begegnungen der letzten Zeit gegenüber, kann man dies nur als „unheimlich“ bezeichnen.
Verwerten kann man diese Bären nur insofern, als der gegerbte Balg zur Winterzeit ausgesprochen edles Rauchwerk insbesondere für Mützen und Muffs ergibt.
Der Schaden des bei uns sich vorwiegend in Bach-, Fluß- oder Weihernähe aufhaltenden Neubürgers wird unterschiedlich eingeschätzt. Sehen die einen in ihm eher einen Stöberer und weniger einen aktiven Jäger, so meinen andere, dass er gerade unter den Bodenbrütern und überhaupt unter den Kleinvögeln, deren Nester, auch Nistkästen, er zur Brutzeit ausräubert, erheblichen Schaden anrichtet. Magenuntersuchungen haben ergeben, dass er einen sehr vielfältigen Nahrungsbedarf zu haben scheint, er auch flinke Tiere wie Fische, Frösche und Mäuse erbeuten kann und darüber hinaus Obst, Beeren, Getreide und wirbellose Tiere nicht verschmäht.
Der Waschbär paart sich schon sehr früh, im Januar/Februar und bringt im März bis April einmal im Jahr zwei bis sieben Junge zur Welt, die bis in den August hinein mehr oder weniger locker von den Alttieren geführt und zum Beuteerwerb angeleitet werden. Waschbärrüden vollziehen etwa mit einem Jahr eine sogenannte „Dismigration“, d.h. sie gehen auf Wanderschaft. Waren bisher im Müritzgebiet nächtliche Wanderungen von acht bis zehn und insgesamt Rüdenwanderungen von 95 Kilometer normal, hat jetzt ein besenderter Waschbär einen neuen Rekord aufgestellt: In 90 Tagen etwa 800 Kilometer.
Erwachsene Tiere können ein Gewicht bis zu neun Kilogramm erreichen.
Feinde hat der Waschbär bei uns kaum, denn Fuchs und Dachs gehen ihm – was Jäger mehrfach bestätigen konnten – eher aus dem Weg und lassen es lieber nicht auf einen Kampf ankommen, allein der Uhu scheint hin und wieder einige, zumeist Jungtiere, erbeuten zu können.
Wiewohl der Waschbär aus der Nähe – zum Beispiel im Zoo oder Gehege – putzig und niedlich aussieht und seine Geschicklichkeit Eindruck schindet, muß die Frage, ob er die heimische Fauna bereichert, mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden.
Text und Fotos: Wolfram Martin
Der deutsche Name dieser Pflanze ist ein wenig erklärungsbedürftig insofern, als sie zwar im zweiten Teil des Namens „Farn“ heißt, nicht aber zu den Farnen, sondern zu den Blütenpflanzen zählt. Der erste Teil des Namens könnte Auskunft über den charakteristischen Standort dieser Pflanze geben. Und tatsächlich ist diese große, kräftige und auffällig gelbe, zu den Korbblütengewächsen zählende Pflanze in Wittgenstein häufig an Böschungen, Acker- und Weggrenzen, Straßenrändern, Schuttplätzen sowie am Rande von Kahlflächen und gar nicht so selten zusammen mit dem Waldweidenröschen zu finden.
Aus einem dunkelbraunen Wurzelstock wachsen mehrere dichte, horstförmige, bis zu 1,20 Meter hohe Stengel, die reich beblättert, aber nur ganz oben verzweigt sind. An der Stengelspitze bilden die vielen, charakteristischen gelben Köpfe einen auffallend geraden, doldenförmigen Schirm als Blütenstand. Ein ganz besonderes Merkmal dieser Art ist, dass den Köpfchen deutliche Zungenblüten am Rande fehlen.
Obwohl der Rainfarn wohl meistens aufgrund seiner unattraktiven Standorte wenig Beachtung, manchmal sogar als Unkraut nur Mißachtung findet, ist er doch ein gutes Beispiel dafür, dass es eigentlich keine Un- sondern nur Wildkräuter gibt. Früher würzte man mit dem stark duftenden aber leicht bitter schmeckenden Rainfarn Fleisch- und auch Wildgerichte, Omeletts und Backwerk. Auch als Heil- und Nutzpflanze ist er wegen seines Gehaltes an ätherischen Ölen, Kampfer und Borneol von Bedeutung, denn er wurde als Mittel gegen Würmer und (äußerlich) gegen Rheumatismus angewendet. In größeren Mengen ist er allerdings – wie so viele Heilpflanzen – giftig. Außerdem vertrieb man früher mit den getrockneten Pflanzen Motten und Mücken aus Wohnräumen und Stallungen.
Die stark duftende Blüte zieht – wie sollte es auch anders sein – zahlreiche Insekten, insbesondere Kleinkäfer wie den gelbgepunkteten Marienkäfer, Fliegen, Wild- und Honigbienen sowie Spinnen an. Da er immer nur kleinere Horste bildet, nicht aber oder selten nur großflächig vorkommt, besteht keine Veranlassung, dieser schönen Pflanze mittels Hacke, Spaten oder gar Unkrautvernichtungsmittel den Garaus zu machen.
Text, Fotos und Montage: Wolfram Martin
Ja, vor vielen Jahren, etwa um die Zeit als in Wittgenstein und insbesondere rund um Berghausen noch Rebhühner zu sehen und zu hören waren, da waren auch noch Kiebitze bei uns zu sehen, entweder als Brutvogel, zumindest aber als Durchzieher.
Blättert man in älteren heimischen, ornithologischen Fachbüchern – z.B. Quelle 1 – traut man seinen Augen kaum: Dort wird der Kiebitz noch als heimischer Brutvogel mit steigender Bestandsdichte geführt. Zitat: „Der Kiebitz ist die einzige Limikole, die im westfälischen Raum ihren Bestand nicht nur halten, sondern sogar vergrößern konnte“. Und weiter für Wittgenstein: „Waren zwischen 1950 und 1970 Bruten noch eine Ausnahme, konnten sich in den folgenden Jahren einige Brutpaare im oberen Eder- und Lahntal ansiedeln.“
Schaut man in aktuellen Blättern – so z.B. Quelle 4 – suchend nach dem Kiebitz, so findet man ihn in Band 9 (2010) im „Ornithologischen Sammelbericht für Wittgenstein“ nur noch als „Frühjahrs-Zieher“, und im Band 10 (2014) taucht er überhaupt nicht mehr auf. Auch bei den „Brutvögeln Westfalens“ (Quelle 3) ist für Siegen-Wittgenstein kein Brutplatz mehr verzeichnet. Was für eine Negativ-Entwicklung! Dies mit ein Grund, sich hier einmal mehr mit dem „Vogel des Jahres 2024“ zu beschäftigen.
Der etwa taubengroße (aber größer wirkende) Kiebitz, lat. Vanellus vanellus, hat seinen Namen von den gellenden, wie „kie-wit“ (Kie-bitz) klingenden Rufen, die er besonders im Frühjahr über seinem Revier häufig von sich gibt. Dabei ist dieses „kie-wit“ eher ein Kontaktruf; während des Ausguckfluges im Aufsteigen ruft er „chä-chuit“; und während des Fluges oft in großer Höhe „wit-wit-wit“, um dann im Sturzflug „chiu-witt“ zu rufen. Warnrufe für seine Jungen klingen wie „wiiie-ir“, Entwarnung wie „pie-wi“.
Der Kiebitz bevorzugt offenes Gelände mit nicht zu hoher Vegetation und so findet man ihn vor allem auf feuchten Wiesen, auf Schlammbänken, feuchtem Ackerland, Naturwiesen, Rieselfeldern und ähnlichen Biotopen.
Eine flache, kaum ausgepolsterte Nistmulde dient als Nest, auf denen beide Partner die zumeist vier oliv-grün gesprenkelten Eier bebrüten. Die Dunenjungen sind grau-braun und weißlich gefleckt und sie verlassen als Nestflüchter kurz nach dem Abtrocknen das Nest. Diese Phase von der „Nestflucht“ bis zum Flüggewerden ist die gefährlichste für die kleinen Strolche, denn Feinde sowohl aus der Luft (Greifvögel, Reiher, Störche, Möwen, Elstern) als auch am Boden (Katzen, Füchse, Wiesel) und landwirtschaftliche Maschinen haben es auf die sich oft bis zu 50, 60 Meter von den Elterntieren entfernenden Küken abgesehen. In dieser Phase die sehr wachsamen Kiebitzeltern zu beobachten, ist ein wahres Naturschauspiel, denn einige Feinde werden mit lauten Rufen und gaukelnden Scheinangriffen aus der Luft attackiert, andere wiederrum humpelnd, sich flügel- oder fußlahm stellend, vom Nest oder von den Jungen weggelockt.
Kiebitze ernähren sich von Weichtieren und Würmern sowie von Insekten und Larven und manchmal wird auch auf pflanzliche Kost ausgewichen.
In Wittgenstein sind ziehende oder im Frühjahrs- oder Herbstzug rastende Vögel gelegentlich auf der Birkefehler Höhe, auf den Wiesen rund um Berghausen, auf dem Sassenhäuser Golfplatz oder rund um Stünzel zu beobachten.
Bereits 1996 wurde der Watvogel mit dem markanten Federschopf vom NABU zum „Vogel des Jahres“ gekürt.
Die Gründe seines Rückganges auch bei uns in Wittgenstein sind vielfältig: Trockenlegungen, wärmeres Klima und damit trockenere Böden und austrocknende Weiher und Seen, intensive Land- und damit Wiesenwirtschaft und eine mögliche Zunahme von Flugfeinden wie Elstern und Krähen. Auch in unseren zahlreichen Bachtälern sucht man ihn vergebens, weil ihm dort anscheinend die Vegetation zu hoch erscheint.
Text und Fotos: Wolfram Martin
Quellen- und Literaturverzeichnis:
1. A. Belz und H. König. Die Vogelwelt Wittgensteins, Wittgensteiner Heimatverein 1983
2. Nordrhein-Westfälische Ornithologische Gesellschaft: Die Vögel Westfalens, 2002
3. Nordrhein-Westfälische Ornithologische Gesellschaft: Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens, 2014
4. NABU Kreis Siegen-Wittgenstein: Beiträge zur Tier- und Pflanzenwelt des Kreises Siegen-Wittgenstein Band 9 (2010) und Band 10 (2014)
5. Dr. Claus König (Bearbtg.): Wegweiser durch die Natur – Vögel Mitteleuropas, Verlag Das Beste GmbH, Stuttgart, 1988
6. J. Fally, G. Spitzer, R.Triebl: Vogelwelt Burgenland, Dr. Josef Fally – Eigenverlag 2014
Im Hochsommer findet man an Wittgensteins Bächen und Flüssen, insbesondere aber auch an den zahlreichen „fürstlichen Feuchtgebieten“ eine dunkelpurpurrote Blütenpflanze, die man aus der Ferne aufgrund der Farbe leicht für ein Weidenröschen oder eine Lupine halten könnte. Bei näherer Betrachtung jedoch offenbart sich diese hübsche, krautige, fast strauchartige, bis zu anderthalb Meter hohe und bei uns von Juni bis September blühende Pflanze um einen Vertreter aus der Familie der Weiderichgewächse. Der Blutweiderich, so sein deutscher Name – lat. Lythrum salicara -, bekam seinen Namen entweder aufgrund der Blütenfarbe, oder, dies wahrscheinlicher, aufgrund seiner Heilwirkung, denn insbesondere seine Gerbstoffe gelten seit alters her unter anderem als blutstillend und harntreibend.
Der stabile, kräftige, behaarte Stengel ist im Querschnitt nicht wie bei den meisten anderen Pflanzen rund oder oval, sondern vier- manchmal auch mehrkantig. Bei der Untersuchung von Blutweiderichblüten fällt auf, dass auf verschiedenen Pflanzen mindestens drei verschiedene Blütentypen mit jeweils unterschiedlich langen Griffeln und Staubblättern zu finden sind. Dieses in der Biologie als „Verschiedengrifflichkeit“ (lat. trimorphe Heterostylie) bezeichnete Phänomen hat seinen biologisch sinnvollen Ursprung in der Tatsache, dass damit weitgehend Selbstbestäubung und damit Inzucht verhindert werden soll. Wenn nämlich ein Insekt – Biene, Hummel oder Schwebfliege – sich den Blütennektar holt, wird es an zwei Stellen mit Pollen bestäubt. Dieser Pollen ist dann an der richtigen Stelle, wenn die Biene Blüten der anderen beiden Blütentypen besucht und gelangt so „fremdbestäubend“ auf die Narben weiterer Blüten. Eine einzelne Pflanze kann bis zu drei Millionen Samen produzieren, die durch Wind und Wasser weitergetragen werden. Die Samen sind mit Schleimhaaren versehen und haften somit leicht am Gefieder von Wasservögeln, die sie auf diese Weise weiter verbreiten. Sie keimen in nahezu allen ausreichend feuchten Böden im nächsten Frühjahr.
Der Blutweiderich gilt als hervorragender Nektarspender von besonderem Wert für Bienen und Tagschmetterlingen und dient darüber hinaus als Futterpflanze für die Raupen aus der Gattung des Nachtpfauenauges.
1985 schrieb Anna Peter im Band 49 der Wittgensteiner Heimatblätter, dass „…der Blutweiderich nur im südlichen Wittgenstein an vier Orten eine wahre Zierde“ ist.
Obwohl der Blutweiderich „wärmeliebend“ sein und tiefere Lagen bevorzugen soll, ist er dennoch auch in Wittgenstein inzwischen recht weit verbreitet und häufig an Ufern von kleineren Seen, Weihern, Bächen und Gräben aber auch in Sumpf- und Moorgebieten zu finden. Aber er scheint etlichen Waldbesuchern recht unbekannt zu sein. In der (nicht nur heimischen) Fachliteratur wird er mal als „selten bis zerstreut“, dann wieder als „bis in höhere Lagen weit verbreitet“ bezeichnet. Höchstwahrscheinlich hat die künstliche Anlage von zahlreichen Feuchtbiotopen des fürstlichen Hauses in Wittgensteins Wäldern nicht nur für die Rückkehr und Erhöhung der Population des Schwarzstorches gesorgt, sondern auch zur Verbreitung des Blutweiderichs beigetragen.
Staude des Jahres 2024
Seit 2001 kürt der Bund deutscher Staudengärtner die Staude des Jahres. Nun ist der Staudensieger für 2024 bekanntgegeben worden. Nachdem im vergangenen Jahr der Indianernessel der Titel verliehen wurden, hat nun der Gewöhnliche Blutweiderich (Lythrum salicaria) das Rennen gemacht.
Der Stolze Heinrich, wie er einst hieß, galt einst als Heilpflanze und begehrtes Frühjahrsgemüse. Früher aßen die Menschen die jungen Frühjahrssprossen und Blätter. Sie enthalten große Mengen an Biophenolen, vor allem Tannine, zudem ätherisches Öl, Harze und Pektin.
Heutzutage ist der Weiderich im Naturgarten gut aufgehoben und sorgt nicht nur mit seinen prächtigen Blütenkerzen bei seinen Bewunderern für Aufsehen, sondern auch als insektenfreundliche Wildstaude bei Bienen, Hummeln, Schwebfliegen, Schmetterlingen und andere Insekten.
Quelle: Kraut & Rüben vom 28.09. 2023
Text und Fotos: Wolfram Martin
Die Deutsche Wildtier Stiftung hat den Igel zum Tier des Jahres 2024 gekürt. Für uns Grund und Anlaß, in dieser Flora/Fauna-Serie sich einmal mehr mir diesem Tier zu befassen.
Auch wir können uns in dieser Serie über die Flora und Fauna unserer Wittgensteiner Heimat nicht gänzlich von einer von Zeit zu Zeit auftretenden „Artenvielfalt-Depression“ befreien. So haben wir in einer heimischen Regionalzeitung im Jahr 2011 vom „Verschwinden des Igels“, gar von einem Aussterben geschrieben. Es gebietet die Chronistenpflicht, dass bereits ein Jahr später, also 2012, unsere schlimmsten Befürchtungen Lügen gestraft wurden, ja, das es geradezu als „Igeljahr“ bezeichnet werden durfte. Bis zu fünf ausgewachsene Igel tummelten sich in unserem Garten und aus der Nachbarschaft und anderen Orten Wittgensteins wurden zahlreiche Igelbeobachtungen gemeldet. Es scheint – wie häufig in der Natur – auch in der Entwicklung der heimischen Igelpopulation ein ständiges Auf und Ab zu geben und womöglich besteht kein größerer Grund zur Sorge, wenn wir uns bei den kleinen Stacheltieren wieder mal – wie im Jahr 2023 - in einem Wellental befinden.
Die zahlreichen Publikationen über den Igel haben einerseits dazu geführt, dass immer mehr Wittgensteiner Tierfreunde im Herbst den Igel mit artgerechtem Futter (und nicht mit Speiseresten oder gar Milch!) helfen, damit sie wohlgenährt in den Winterschlaf gehen können. Und andererseits führt dieses Zufüttern und Beobachten von Igeln dazu, dass wir immer mehr über sie erfahren. In nicht wenigen Fachbüchern ist zu lesen, dass Igel im Garten sehr nützlich sind unter anderem auch Nacktschnecken fressen. Dies scheint sich aber nicht auf die großen Nacktschnecken zu beziehen, denn diese konnten mehrfach direkt neben einem Igel beim Aufnehmen von Igelfutter beobachtet werden. Auch die Aufnahme von Obst hält sich sehr in Grenzen, obwohl sie gerne an überreifen Pflaumen oder Äpfeln naschen, aber eben nur naschen, sich aber nicht sattfressen. Und sie scheinen – insbesondere bei der Zugabe von Igel-Trockenfutter – einen großen Durst zu entwickeln, weshalb für sie immer die Möglichkeit einer sicheren Wasseraufnahme bestehen sollte.
Automatisch unterstellt man diesen putzigen Stacheltieren, dass sie auch sonst im Umgang untereinander eher freundlich sind, was nicht den Tatsachen entspricht, denn wenn sich zwei Igel begegnen, geht es richtig zur Sache. Als typische Einzelgänger gehen sie knurrend und fauchend aufeinander los und verteidigen ihr Futter oder ihre Beute vehement. Doch auch ohne Beuteneid gehen sie einander an die Stacheln und es scheint, dass hier immer gleich eine Art Rangfolge ausgetragen wird dergestalt, als der Schwächere (oder Jüngere?) von beiden in eine Art Unterwürfigkeitsgeste verfällt und in dieser Starre bis zu fünfzehn Minuten verharrt, auch wenn der stärkere Konkurrent schon längst das Weite gesucht hat. Während dieser Unterwürfigkeit wird nicht selten ein dicker Kotballen abgesetzt – so viel zur Bezeichnung „Schiss haben…“.
Obwohl sie putzig und niedlich aussehen und geradezu zum Streicheln einzuladen scheinen, sollten wir nicht vergessen, dass Igel aufgrund ihrer bodennahen Lebensweise in Gestrüpp und Gesträuch geradezu wahre „Insekten- und Parasiten-Mutterschiffe“ sind. So konnten auf fast allen Fotos von Igeln immer zahlreiche Zecken beobachtet werden.
Bestätigt haben sich hingegen unsere Erfahrungen, dass Igel zum Überleben auf eher unaufgeräumte Gärten angewiesen sind und gerne unter Laub nach Nahrung suchen. Igel haben auch hier bei uns zahlreiche Feinde: Sie werden von Autos überfahren, von Mäh-Robotern schwer verletzt (weshalb dies Geräte nie des Nachts aktiviert werden sollten), sie fallen in offene Schächte, ertrinken in unsachgemäßen Gartenteichen und mehr als die Hälfte aller Igel überlebt den ersten Winter nicht. Bei Gefahr rollen sie sich ein und vertrauen auf ihr Stachelkleid, was ihnen nicht immer das Überleben sichert, denn Auto, Rasenmäher, Uhu oder Wildschwein und manchmal auch streunende, größere Hunde werden vom Stachelkleid nicht abgehalten.
Und schließlich: Zum Überwintern im Winterschlaf benötigen sieneben einem guten Fettpolster auch entsprechenden Unterschlupf unter Laub oder Holz. Also – helfen wir ihnen wo es nur eben geht, damit dieses Jahr wieder ein erfolgreiches Igeljahr wird.
Text und Fotos: Wolfram Martin
Wenn die meisten Wildtiere Wittgensteins noch Winterruhe oder Winterschlaf halten oder gar noch in wärmeren Gefilden weilen, halten die Füchse Hochzeit.
Die Paarungszeit der Füchse fällt unabhängig von der Witterung immer in den Januar bis Anfang Februar. In dieser Zeit sind nicht nur nachts sondern auch an hellen, sonnigen Tagen die Füchse unterwegs auf der Suche nach einem Partner, darüber hinaus ist auch ihr heiser bellendes „Kauw kaw kaw“ weithin zu hören. Meist werben gleich mehrere Rüden um ein weibliches Tier, das in der Jägersprache Fähe heißt und im Schnee kann auch der ungeübte Spaziergänger die vielen Spuren der Füchse sowohl auf den Freiflächen als auch in Baunähe entdecken. Da alle Füchse bei hohen Schneelagen nur schwer oder gar nicht an ihre Hauptbeute, die Mäuse, gelangen, bedeutet beschwerlicher Nahrungserwerb und gleichzeitige Hochzeit einen erheblichen Aufwand, den man den Füchsen nach der Ranz, wie die Paarungszeit bei den Jägern genannt wird, auch ansieht, denn ihr ansonsten dichter, dicker, roter Pelz (Balg i. d. Jägersprache) kann dann schon mal sehr zerlumpt und „abgetragen“ wirken.
Die Fähe selbst – wie alle Hundeartigen – ist nur drei Tage paarungsbereit und schon Ende März wirft sie in einem extra für die Geburt angelegten Bau drei bis sechs Junge, die blind und behaart zur Welt kommen. Dann aber, zur Aufzucht der Jungen, ist jede Menge Beute an Mäusen, sonstigen Kleinnagern und auch Aas in Form von überfahrenen Tieren für die jungen Fuchswelpen angesagt.
Text und Fotos: Wolfram Martin
Ein omnipräsenter gefiederter Weltstar lebt in Wittgensteins Wäldern und Gärten. Und wie es sich für einen Kosmopoliten gehört, kommt er nahezu weltweit mit seinem allseits verständlichen, markanten Namen daher: In England heißt er Robin Redbreast, gilt dort als inoffizieller Nationalvogel; die US- amerikanische Soul-Band Jackson Five widmete ihm in den 70er Jahren den Welthit "Rocking Robin", in Schweden heißt er Rödhake, in Frankreich Rouge-Gorge, in Italien Petti-Rosso und in Russland Krasnoŝeika. Bei uns in Wittgenstein rufen wir ihn Rotkehlchen und im Westfälischen wird er schon mal Rôdbörstken genannt.
Dabei ist der Vogel mit orange-roten Kehle selbst ein gewaltiger Sänger vor dem Herrn und im übertragenen Sinne somit ein echtes Goldkehlchen: Es gilt nicht nur als ausdauernder Sänger von morgens früh bis abends spät, sondern sage und schreibe 275 sich fortlaufend ändernde Motiv-Melodien sind bisher nachgewiesen. Am häufigsten ist ein zwitscherndes „Schnickern“ oder „Ticksen“ zu vernehmen. Vor Luftfeinden warnt das Rotkehlchen mit einem gedehnten „Ziih“, vor Bodenfeinden mit „Zib-zib“ und sogar andere Singvögel kann es nachahmen. Beide Geschlechter sind sangesfreudig, die Männchen aber singen häufiger, allein schon um ihr Revier zu markieren und Eindringlinge abzuhalten. Wie es sich für einen (Gesangs-)Star gehört, kann er auch äußerst zickig sein, denn er verteidigt nicht nur sein Brutrevier sondern auch den Bereich der winterlichen Futterhäuschen vehement und manchmal geradezu aggressiv.
Und jede Menge Mythen und Sagen ranken sich um diesen kleinen Vogel. Als „reiner“ Vogel taucht er immer wieder in diversen Christuslegenden auf. Gemäß einer niederländischen und schwedischen Version (von Selma Lagerlöf) wird erzählt, wie Jesus voll Schmerz und Pein am Kreuze hing und in der Ferne einen kleinen, einfarbig braunen Vogel sah. Diesem rannen bittere Tränen aus den Augen, als er die scharfen, stacheligen Dornen sah, die Jesus Haupt durchbohrten. Daraufhin flog dieser Vogel zum Kreuz und löste einen Dorn aus der Krone. Dabei wurde seine Brust mit einem Blutstropfen besprenkelt.
Nach einer englischen Volkssage singt „Robin“ dem am Kreuz sterbenden Jesus an seiner Seite etwas vor, damit er das Leiden besser ertrage. Dabei wird es mit dem Blut der Wunden am Latz gekennzeichnet.
Laut einer weiteren christlichen Legende, deren Urheber nicht bekannt ist, spielt der kleine Vogel eine wichtige Rolle in der Weihnachtsgeschichte: In der Nacht von Jesu Geburt waren nicht nur Ochs und Esel bei Maria und Josef im Stall, sondern auch ein braunes Vögelchen. Ein Feuer brannte. Als es zu verlöschen drohte, weil die Menschen schliefen und niemand aufpasste, flog der Vogel zur Glut und fachte das Feuer mit eifrigen Flügelschlägen wieder an. Dabei trafen die auffliegenden Funken seine Brust und färbten sie orangerot. (Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung).
Bei den alten germanischen und keltischen Volksstämmen Europas galt das Rotkehlchen als Träger und Überbringer der Sonne. Wo Rotkehlchen „als des Gottes Donar heilige Vögel“ nisteten, glaubten die Menschen, dass Donar Haus und Hof behüte. Es wurde – und wird im ländlichen Raum – als großer Frevel betrachtet, wenn jemand das Nest eines Rotkehlchens zerstörte. Ferner herrscht der Glaube, dass ein Rotkehlchennest in der Nähe des Hauses oder im eigenen Garten Frieden bringe und Ehepaare dort in Glück und Eintracht leben. Nach einer alten, bis ins 18. Jahrhundert geltenden Bauernregel gab es Regen, wenn Rotkehlchen in Höhlen Schutz suchten.
So kann dieser rotbrüstige Sympathieträger auch in Wittgenstein durchaus als Glücksbringer angesehen werden, denn er brütet nicht nur hier, sondern überwintert gerne in Gärten und Parks und läßt sich häufig am winterlichen Futterhaus sehen.
Rotkehlchen ernähren sich vor allem von Insekten, Spinnen und Weichtieren. Ihr Schnabel ist pinzettenförmig - perfekt zum Herausziehen von Insektenlarven und Regenwürmern aus dem Boden oder zum Picken nach in Baumrinden oder Erdgängen versteckten Krabbeltieren. Es zählt damit zu den sogenannten Weichfutterfressern, genau wie Amsel oder Heckenbraunelle. "Solange der Boden im Winter nicht zufriert, nicht zu verdichtet ist und die Vögel in der Erde oder unter Laubhaufen noch nach Nahrung suchen können, finden sie in wilden und naturnahen Gärten ausreichend Futter", sagt Lea-Carina Mendel. Sinkt das Thermometer aber unter null Grad, können die Vögel den gefrorenen Boden nicht mehr aufpicken. Dann sind Rotkehlchen wie auch andere Weichfutterfresser auf verrottetes Laub angewiesen, in dem sie Kleinlebewesen wie Käfer und Spinnen finden. Auch früchte- und beerentragende Gehölze wie Pfaffenhütchen, Liguster, Hartriegel, Holunder, Schneebeere, Efeu oder Faulbaum helfen, die futterarme Zeit zu überstehen.
Text und Fotos: Wolfram Martin